Donnerstag, 1. Oktober 2015

2015 Sella Ronda Trail Running - Ein Lauf in Italien


https://youtu.be/fCK3UKkDFGM

Eine wunderbare Atmosphäre allein durch das Feuer, das sie morgens um halb fünf Uhr  im Startgelände in Kesseln entfacht hatten.



Das mit der Start-Nummer klappte, Zahlung war anscheinend angekommen. Ich zog mich im Auto, ein paar Hundert Meter vom Start entfernt um (Vorteile eines kleinen Laufes) und musste noch auf die Toilette. Das war schon schwieriger. Kurz vor dem Start bestand da noch eine längere Kolonne, es hatte nur ein WC und wie sich herausstellte, hatte es kein Papier mehr. Es sollte ja ein Abenteuer werden, also kein Murren.

Der Start verzögerte sich um 10 Minuten und schon rannten sie los, es ging bereits vom Start weg aufwärts und ich kopflos hinterher. Das war zum Glück nur der Spurt durchs Dorf, als die Steigung grösser wurde, gingen alle in den Laufschritt über. Fackeln säumten den Weg. Die haben schon ein Auge für Details.

Wir machten locker ein paar hundert Höhenmeter und da kam die Sonne. Zuerst war ihr Schein auf den Gipfeln zu sehen, Nebelschwaden kamen auf.



Der erste Posten auf dem ersten Pass. Ich griff gleich zum warmen Getränk, es war Tee. Das erste von insgesamt drei Getränken, die ich ohne sie vorher zu testen, zu mir nahm. Zum Glück rächte sich das nicht.

Danach ging es hinunter nach Wolkenstein und von dort wieder hinauf. Nicht nur aufs Grödner Joch, nein wir mussten weiter hinauf. Das zog sich wie ein roter Faden durch den Lauf. Immer mussten wir höher hinauf und Umwege laufen. Doch wir kannten ja das Programm und irgendwie mussten die 59 Kilometer und 3378 Höhenmeter zusammenkommen.

Noch parlierten die Italiener miteinander und ich lief alleine für mich und liess sie in Ruhe. Erst auf dem Weg nach Corvara sprach ich zwei auf Englisch an und sie freuten sich über den Mann aus Switzerland. Erst später versuchte ich es auf Italienisch und es gelang immer besser, sogar Konjunktivformen, die ich zuletzt in der Schule vor über 40 Jahren gelernt und angewendet hatte.



In Corvara hatte ich nur eine halbe Stunde Zeitreserve. Es galt, nicht zu trödeln. Doch jetzt ging es wirklich steil hinauf, jetzt sprachen auch die Italiener nicht mehr, es war nur das Klappern der Stöcke zu hören.

Und als wir oben waren, tat sich eine weitere Steigung auf, über eine Skipiste, die war so steil, dass wir in Serpentinen hochliefen. Und der Posten war nicht auf dem höchsten Punkt, es ging noch weiter hinauf, fast kletternd.


und ebenso hinunter



 Aber dann begann ein Traum Trail hinunter durch wunderschönes Gelände.



In Arabba hatte ich eine Stunde Zeitreserve. Na also. Geht doch.

Was nicht immer lief, war mein Magen. Ich ass regelmässig, hatte nebst Riegel noch Nuss-Stängeli (Protein und Kohlenhydrate) und gedämpfte Kartoffeln dabei. Auf Gel wollte ich verzichten. Wenn ich ass und wenn mein Magen leer war, wurde mir etwas schlecht. Wenn er voll war, lief es viel besser. Zum Glück gab es Cola unterwegs und zwei mir unbekannte Getränke, eines davon mit Salz, die mir gut taten.

Ich traf die beiden Italiener, die ich schon früher gefilmt hatte und zusammen liefen wir hoch. Oben hatte es ein paar ausgesetzte Stellen, die mir nicht mehr so Mühe machten wie früher. Kann man die Höhenangst durch Übung überwinden? Es scheint zum Teil so.

Wir waren oben, als es wieder weiter hinaufging. Wieder eine steile Skipiste.



Als Skifahrer würde ich dieses Teilstück geniessen. Ein Läufer meinte, das sei der letzte Aufstieg. Der Spassvogel irrte sich gewaltig.

Die Strecke zog sich jetzt hin, wir hatten den letzten Pass schon von weitem gesehen, mussten aber rund um ein Gebirge rum und konnten nicht auf dem direkten Weg dorthin laufen.



Und was das an Zeit kostete. Plötzlich drängte es. Es war vier Uhr und um vier Uhr dreissig war Schluss am nächsten Posten, den wir jetzt nicht mehr sahen. Und niemand wusste, wie lange es noch dorthin war. Es waren drei Gebäude zu sehen, aber keines war das Ziel. Jetzt ein Streckenposten, der uns den Weg zeigte, er meinte noch eine halbe Stunde. Wir rannten jetzt und gaben das letzte und nach 15 Minuten waren wir am Posten.

Jetzt konnte nichts mehr passieren, nur noch runter nach Canazei. Natürlich kam es anders, sie schickten uns auf Umwegen nach unten. Das war mir jetzt aber egal, ich mobilisierte meine letzten Kräfte und lief den anderen davon auf den letzten vier Kilometern und runter ins Ziel. Danach gab es auch ein Wiedersehen mit den beiden Italienern und wir hockten uns hin, sie assen einen Teller Pasta, der offeriert wurde, ich freute mich über den herrlichen Apfel aus dem Vinschgau und ein alkoholfreies Bier.



Das Rennen ist ein Traum. Was für eine Umgebung, da mitten in den Dolomiten, mit dreihundert verrückten Italienern, dazu herrliches Wetter, zwischendurch Trails zum Finger abschlecken.

Was will man mehr?

Vielleicht mehr Auswahl bei den Verpflegungsposten, mehr Zeitreserve, um das alles mehr geniessen zu können. Dafür würde ich auch gerne mehr zahlen.
Als Schweizer ist es unglaublich günstig. 50 Euro, 70 bei späterer Anmeldung. Das ist halb geschenkt. Es gibt ein T-Shirt (schon vor dem Start), eine Finisher Mütze, Verpflegung unterwegs, sehr gute Markierungen, Pasta nach dem Zieleinlauf und viel Italianità.

Prädikat: absolut empfehlenswert

http://www.sellarondatrailrunning.com/pagina.asp?pid=589&l=1