Freitag
Am
Freitag muss Mägi früh aufstehen, sie hilft nicht nur am Samstag in der
Wirtschaft, nein auch am Freitag bei der Nummernausgabe bei den 51er. Dazu läuft sie am Samstag noch den 16er.
Volles Programm.
Volles Programm.
Ich
packe meinen Rucksack und gehe nach neun ebenfalls zur Startnummerausgabe. Dabei
treffe ich Stephen wieder, den Briten, der in Dänemark lebt. Ihn hatte ich am Donnerstag im Coop angesprochen, da er mit dem selben UTMB Shirt herum lief, dass ich letztes Jahr auch noch vor dem Lauf bekommen hatte.
Lange halte ich mich
beim Stand von Hoka One One auf und kann mich nicht entscheiden. Der alte
oder neue Mafate oder nicht doch den Speedgoat? Dann eben keiner.
Mit dem Clifton hatte ich am Bieler sehr gute Erfahrung gemacht, aber eigentlich bin ich ja mehr als zufrieden mit meinem Saucony Xodus ISO 2.
In
der Wohnung will ich mich hinlegen, vorschlafen, als Mägi anruft, Clive sei
bei ihr. Also gehe ich runter wieder zur Startnummernausgabe und treffe Clive, meinen Mitstreiter der letzten Eiger Ausgaben.
Mit ihm, seiner Schwester (die den 16er laufen wird) und ihrem Mann hocken wir uns hin beim Hotel Spinne
hinten auf der Terrasse zu einem Schwatz bei Bier und später Kaffee.
Aselia
und Fabian’s Zug ist ausgefallen, sie kommen später, einen weiteren Zug später dann
Adrian.
Nachdem wir alle unsere Nummern haben, Aselia auch noch Hokas
anprobierte, gehen wir in die Wohnung zurück und später an das Briefing.
Das
Briefing ist auf 18 Uhr angesetzt. Doch findet zuerst das Kid’s Race statt. Daher
müssen wir sehr lange auf Infos warten.
Zuhause
gibt es Rösti und Spaghetti (Bavette No 13), wir schauen uns gemeinsam
noch die letzten Games von Wimbledon an und um neun ist Lichter löschen.
Samstag
Um
zwei aufstehen, duschen, Müesli bereit machen, auf dem Balkon checken, wie kalt
es ist (es ist recht warm), anziehen. Irgendwann tauchen auch Fabian und Adrian
auf und vor vier Uhr laufen wir zum Start.
Gepäck
deponieren für Burglauenen und wir stellen uns im Startfeld in die Mitte, um
nicht allzu lang in Schlangen stehen zu müssen.
Der
Speaker lässt das Eiger Lied laufen, aber niemand sing mit mir mit. Mit
Rücksicht auf die Schlafenden lässt er es auch recht leise laufen.
Wir
hinten sehen, wie die vorne davon rennen. Als wäre das Ziel beim Hotel Wetterhorn.
Jetzt
sind wir dran und es gilt, uns nicht aus den Augen zu verlieren und nicht über
einen der vielen Stöcke zu stolpern. Keine leichte Aufgabe.
Weil
1000 anstatt wie üblich 600 Läufer unterwegs sind, führt die Strecke die ersten
Kilometer auf der Strasse zum Hotel Wetterhorn.
Jetzt
gibt es doch die ersten Engpässe, wo wir stehen oder nur sehr langsam vorwärts
kommen.
Trotzdem reicht es für eine neue Bestzeit bis zur grossen Scheidegg.
Aber
was ist bloss mit dem Wetter los? Dunkle Wolken verdecken fast den ganzen
Himmel. Kein Sonnenaufgang, wie wir ihn uns vorgestellt hatten. Ja, es sieht
sogar nach Regen aus.
Weiter
zum First, runter zum Bort und wieder hinauf zum First. Unterwegs treffen wir
Clive und auch Stephen, den Briten, der in Dänemark lebt.
Ich
hielt ihn noch für einen Dänen bei folgendem Gespräch:
Stephen: „ your english is very good“
Richard: “thank you, but your’s is good as well”
Die beiden Jungen laufen mir zu schnell, kurz vorher war ich drei Wochen lang auf Meereshöhe. Ich hab das Gefühl, dass ich zuwenig Sauerstoff bekomme auf jetzt über 2'000 Meter über Meer.
Wie muss das erst sein für einen wie Stephen, der in Dänemark lebt und hier hoch kommt!
Ich bleib bei
ihm und wir unterhalten uns bis zum First.
Wo ich noch dazukomme wie Fabian beim Verpflegungsposten zuschlägt: ein fettes Sandwich
mit Fleisch und Käse. Wenn ich doch nur auch so zuschlagen könnte.
Vor dem Bachalpsee beginnt es tatsächlich zu regnen.
Keine Prognose hatte Regen am Morgen auf dem Radar. Von über 10 Prognosen
hatten nur 3 am Abend Gewitter.
Es ist viel zu warm in der Regenjacke, daher
anziehen-abziehen-anziehen. Bis 12 Uhr bleibt der Himmel bedeckt, aber meistens
trocken.
Hinauf zum Faulhorn. Stephen ist wieder mal bei mir
und klagt dann über eine Blase, die ihn seit 15km plage. Ich biete ihm meine
Compeed an und er bittet mich gleich, ihn zu verarzten, da er selber nicht an
die Fuss-Sohle ran kommt.
Keine Kolonne auf dem Faulhorn. Das ist erstaunlich. Noch jedes
Jahr musste man dort anstehen (was Fabian und Aselia nebst dem Schnee im 2016 zum Verhängnis wurde,
weil sie danach zu spät zur Schynigen Platte kamen).
Hat es damit zu tun, dass wir früher gestartet waren
und noch wenige 51er aufschliessen konnten?
Auch bei diesem Posten halte ich mich nicht lange auf,
nehme aber zum ersten Mal Cola zu mir, da ich keine Energie hatte rauf auf’s
Faulhorn und sich bereits ein leichtes Unwohlsein bemerkbar macht.
Das
gepanschte Cola hilft. Doch so richtig wohl fühlte ich mich wieder, als ich
Jean-François (mein 100km Biel Zugpferd) mit seiner Frau auf einer Wanderung von der Schynigen Platte zum First antreffe und sie mir vom "real stuff" geben können.
Manna vom Himmel!
Jetzt läuft es recht gut und im Wissen, dass die Schynige Platte erst kommt, wenn man nicht mehr damit rechnet, laufe ich in meinem Trott weiter.
Jetzt läuft es recht gut und im Wissen, dass die Schynige Platte erst kommt, wenn man nicht mehr damit rechnet, laufe ich in meinem Trott weiter.
Fabian und Adrian treffe ich erst wieder am
Verpflegungsposten und ich muss sie danach auch wieder ziehen lassen. Ich habe sei dem Faulhorn nichts mehr gegessen, nur
Cola getrunken. In der Schynigen Platte drücke ich gleich zwei Gels hinunter und
spüle mit viel Wasser und ein wenig Cola.
Dazu noch einen halben Biber, damit der Magen etwas zu verarbeiten hat.
Leider gibt es keine Gemüse Bouillon mehr, nur noch Hühnerbouillon. Als Vegetarier habe ich wenig Verständnis für die Bemerkung, ich könne die Fleisch Bouillon doch gut gebrauchen....
Auch in Alpiglen ist die Gemüse Bouillon alle. Sie hatten zu wenig Pulver bekommen.
Sie sollten es machen, wie an allen anderen Läufen: Nur vegetarische Bouillon abgeben.
Keiner wird die andere vermissen. Es geht um Salz und ein warmes Getränk.
Keiner wird die andere vermissen. Es geht um Salz und ein warmes Getränk.
Alles zusammen rumort in meinem Magen, als hätte man eine
Waschmaschine in Gang gesetzt. Jetzt langsam weiterlaufen, bis sich der Magen
beruhigt.
Das klappt und bis Burglauenen trinke ich nur noch
Cola, sobald es mir mulmig wird und ich kann den den Downhill-Trail geniessen und freue mich sogar an der brutalen
Gegensteigung. Kurz vor dem Ende kommt man an einem Bach vorbei. Es ist inzwischen recht warm geworden. Darum tauche
ich meine Mütze ins kalte Wasser und alle Umstehenden machen es mir nach.
So geht es von Brunnen zu Brunnen. Denn inzwischen ist es sogar heiss geworden. Drückend heiss. Und ich liebe es…
Immer wieder taucht von irgendwo Stephen auf. Auch
jetzt wieder auf dem Weg nach unten. Der Mann ist zwei Jahre älter als ich und
lebt im flachen Dänemark und bleibt an uns dran.
Mit Stephen bin kurz nach 10 Stunden Laufzeit bei der 50 Kilometer Marke. Das ist doch schon mal ein Juchzer wert.
Vor Burglauenen haben wir damit die Hälfte geschafft, jetzt
geht es wieder nach Hause.
In Burglauenen hol ich meinen Sack und leg mich bei der Sanität
in eine Ecke an den Boden und mach eine Auslege Ordnung. Ich lade meine Uhr auf, zieh
neue Shirts an (die alten sind pflotschnass) und tausche eine Stirnlampe gegen meine Neo Lupine aus.
Fabian holt mir Cola und Gels und
läuft los, langsam wie er sagt.
Mit Adrian mach ich mich zehn Minuten später auf den
Weg und verabschiede mich noch von Stephen, der sich in einer Ecke verarzten lässt. Er wird sicher wieder auftauchen.
Ich hab in Burglauenen Cola getrunken und einen Gel
gegessen. Sonst nichts.
Und es läuft recht gut, trotzdem muss ich Adrian
ziehen lassen mit dem Versprechen, dass er mit Fabian ins Ziel läuft.
Jetzt laufe ich mit Henrik (aus Dänemark, ein echter
Däne) der sich beklagt, dass zu wenig Infos an der Strecke sind, er vermisst unterwegs Angaben, wie weit es ist bis zum nächsten Posten und wie viel
Höhenmeter. Ich sag ihm, er
soll akzeptieren, dass es immer hinauf geht und dass Wengen erst kommt, wenn du
das Gefühl hast, Grindelwald und damit das Ziel kann nicht mehr weit weg sein.
Doch das erste, das ich in Wengen am
Verpflegungsposten zu hören bekomme, ist, dass das Rennen unterbrochen sei.
Ich zieh mich mit einem Stuhl zurück in die Sanität.
Gebe den Stuhl aber frei für einen deutschen Läufer, der sich massieren lässt
an den Wadenmuskeln.
Adrian ruft mir an, sie seien in einer Hütte auf dem
Weg hinauf zum Männlichen. Ich frag unseren Streckenposten, was sie tun sollen.
Er weiss nicht viel mehr und ich rate Adrian, die Notfallnummer zu wählen.
Stephen kommt jetzt auch in Wengen an und zusammen
gehen wir ins Sportzentrum.
Wo ich gerade noch ein Plätzchen finde, um mich auf
den Boden zu legen. Es ist voller gestrandeter Läufer und es wird immer voller.
Quan läuft auf der Suche nach einem Platz bei mir
vorbei und ich mach ihm Platz. Bald ist er dabei, die Szenerie aufzunehmen und wahrscheinlich per Facebook zu verschicken.
Als Adrian sich wieder meldet (sie mussten die Hütte
verlasse und nach Wengen zurücklaufen) gehe ich nach draussen. Inzwischen ist es im Gebäude propenvoll und die Luft sehr stickig.
Draussen hören wir über Lautsprecher die Info, dass in ein paar
Minuten informiert werde.
Nach etwa 20 Minuten erhalten wir die Info, dass wir mit der
Bahn rauf zum Männlichen fahren müssen. So kommen wir zu einer Gratisfahrt mit
der Gondelbahn. Ich bin enttäuscht. Ich hatte endlich mal auf dem Männlichen
ankommen wollen ohne Probleme.
Auf dem Männlichen beeilen wir uns, das Restaurant ist aber ebenfalls bereits voll mit Läufern, die dort gestrandet sind.
Trotzdem finden wir zu dritt ein Plätzchen.
Jetzt kommt die erfreuliche Info, dass es einen Restart gebe um 20
Uhr. Die Strecke wird abgekürzt wie vor drei Jahren. Zur kleinen Scheidegg,
dann runter nach Alpiglen, dann noch Marmorbruch und zurück ins Ziel.
Was in meinem Fall 80km und 4'100 Höhenmeter ergeben und
eine Laufzeit von etwas über 16 Stunden.
Es regnet, als wir um ca. 20.15 das Restaurant
verlassen. Zum Glück ist jedoch kein Blitz zu sehen und kein Donner zu hören.
Der Magen ist leer, ich hab im Restaurant nur gerade
eine Orange essen können, Cola hilft, den jeweils aufkommenden Schwindel zu
unterdrücken.
Dennoch fühlt es sich an, als hätte ich meine
Batterien aufladen können. Ich will los sprinten. Ich treffe Clive an,
eingepackt in seine Regenjacke und sag ihm, dass ich mit den Boys rennen werde.
Mit
Adrian und Fabian laufe ich zügig bis zur kleinen Scheidegg
und danach runter
bis Alpiglen.
Dort treffe ich die Frau wieder, die mir die
Startnummer übergeben hat und beide freuen wir uns über das Wiedersehen.
Unten
in Grindelwald geht es wieder hoch zum Marmorbruch. Bei jedem Bach, den ich
höre, bin ich der irrigen Meinung, dass das der Bach ist mit der Brücke, wo
nachher gleich der Marmorbruch kommt.
Irgendwann kommt der Marmorbruch, man muss einfach nicht zu gross studieren und einen Fuss vor den anderen setzen, und damit der
letzte Verpflegungsposten.
Wir melden uns bei Mägi und Aselia an um 23 Uhr und
laufen auch zu dieser Zeit über die Finish Line.
Es ist zu kalt, um auf weitere Läufer zu warten. Nur
gerade Stephen läuft kurz nach uns ein.
Nach einem Bier geht es zu einer "christlichen" Zeit ins
Bett. Das ist der einzige Vorteil an diesem dritten unterbrochenen Eiger Ultra.
An drei
von bisher sechs Veranstaltungen konnte ein Teil der Läufer/innen nicht die
Originalstrecke laufen!
Für mich ist es der zweite unvollständige Eiger und
der erste, wo es mit der Gondel hoch ging zum Männlichen.
Ich hatte Clive gesagt, dass ich nächstes Jahr ein
Sabbatical in Sachen lange Wettkämpfe plane.
Sonntag
Nach einmal schlafen musste ich mir bereits eingestehen,
dass ich sehr gerne wiederkommen würde
Nur schon, um wieder am Sonntag morgen auf der wunderschönen Terrasse
des Hotel Spinne die Stimmung nach einem Wettkampf, die Ruhe, den Kaffee und die Aussicht geniessen zu können.
Video - 23 Minuten