Es sind schon einige Tage her, aber so richtig habe ich es immer noch nicht begriffen:
Mit meinem Schwiegersohn Fabian, unterwegs begleitet von meiner Tochter Aselia, habe ich den prestigeträchtigsten Ultra-Trail gemeistert. Nicht bravourös, nicht elegant, nicht meisterlich, aber in der Zeit und damit als offizieller Finisher. Und das ist was zählt.
Mit meinem Schwiegersohn Fabian, unterwegs begleitet von meiner Tochter Aselia, habe ich den prestigeträchtigsten Ultra-Trail gemeistert. Nicht bravourös, nicht elegant, nicht meisterlich, aber in der Zeit und damit als offizieller Finisher. Und das ist was zählt.
Jetzt hock ich im Büro und muss den Monatsabschluss in der Finanzbuchhaltung hinkriegen.
Wie kann man sich nur mit solch banalen Sachen beschäftigen nachdem man Teil war vom "world summit of trailrunning"?
Wie kann man sich nur mit solch banalen Sachen beschäftigen nachdem man Teil war vom "world summit of trailrunning"?
Im 2017 habe ich in Courmayeur aufhören müssen, ich
hatte keine Energie mehr nach der Kälte und dem Schnee auf dem Col de la
Seigne.
Video vom 2017 - Die halbe Geschichte
Video vom 2017 - Die halbe Geschichte
Wir meldeten uns als Gruppe an mit dem Ziel, im 2020
starten zu können. Gleichzeitig zum Losglück für 2018 erlitt ich im Januar einen
Ermüdungsbruch am rechten Sprunggelenk und musste für drei Monate pausieren.
Ich hatte bis zum UTMB ca. 80 Stunden weniger
Lauftraining als im 2017. Dafür lief es gut bei allen Ultra Wettkämpfen: Innsbruck, Biel, Eiger und
Irontrail.
Ich holte meine Tochter, Aselia und meinen
Schwiegersohn, Fabian am Donnerstagmorgen um drei Uhr in Mettmenstetten
ab. Aselia hatte ein Ticket bekommen für den OCC, der nach acht Uhr in Orsieres
startet und nach Chamonix über 55 Kilometer führt und 3'500 Höhenmeter aufweist.
Wir fanden in Orsieres einen Parkplatz gleich bei der
Startnummerausgabe und trafen unseren rasenden Reporter von trailrunning.de, Frank, der ebenfalls den OCC erfolgreich absolvieren wird.
Später fanden wir sogar einen Platz im Café in der Wärme. Dort trafen wir auf Lia und Ben, mit denen wir ins Gespräch kamen.
Später fanden wir sogar einen Platz im Café in der Wärme. Dort trafen wir auf Lia und Ben, mit denen wir ins Gespräch kamen.
Nachdem wir die beiden Frauen zum Start begleitet
hatten, fuhren wir mit dem Auto nach Champex Lac. Ben nahmen wir gleich mit und wir
überbrückten die Wartezeit in einem herrlich gelegenen Café mit Ausblick auf
die Laufstrecke und den See. Dazu gab es eine Heidelbeer Tarte. Mein erstes
Essen an diesem Tag.
Die Begegnung mit Ben war bereichernd: Er erzählte von
seiner Flucht aus Rumänien, kurz vor dem Mauerfall, als noch geschossen wurde
auf Flüchtlinge. Seine Arbeit in Seattle und sein Hilfsprojekt in Kenja, wo er
junge Leute aus seiner Gegend einspannt, um kurze Zeit in Afrika in Spitälern
zu arbeiten. Respekt (vitalsol.org).
Fast hätten wir meine Tochter verpasst, Ben machte uns
auf sie aufmerksam. Sie hatte Schmerzen im Knie und sah gar nicht glücklich
aus, lief aber weiter.
Später kam Ben’s Frau und danach Frank, den wir am Irontrail vor 5 Wochen auf dem Weg von St.Moritz nach Davos bereits getroffen hatten.
Später kam Ben’s Frau und danach Frank, den wir am Irontrail vor 5 Wochen auf dem Weg von St.Moritz nach Davos bereits getroffen hatten.
Nach dem Abholen der Startnummer (45 Minuten anstehen)
wollten wir uns eigentlich hinlegen, doch nach den Whatsapp Nachrichten von Aselia machten wir uns auf nach Vallorcine und machten ihr eine unerwartete Freude. Sie litt immer noch, wollte es aber durchziehen. So sind die Tonollas.
wollten wir uns eigentlich hinlegen, doch nach den Whatsapp Nachrichten von Aselia machten wir uns auf nach Vallorcine und machten ihr eine unerwartete Freude. Sie litt immer noch, wollte es aber durchziehen. So sind die Tonollas.
Ab 20 Uhr warteten wir und Ben in Chamonix auf sie und Lia. Die beiden liefen seit Argentiere zusammen. Die letzten Meter waren ein Triumph-Lauf, die Leute standen noch immer in Reihen an den Abschrankungen und begrüssten alle Finisher wie siegreiche Gladiatoren.
Am Freitag, nach einer unruhigen Nacht, reduzierte
sich alles auf Essen, Packen, ausruhen und einen kleinen Spaziergang im Dorf.
Hatten wir am Donnerstag auf dem Weg nach Chamonix
noch das ganze Panorama mit Mont Blanc gesehen, so war jetzt alles grau. Und
kälter war es geworden.
Wieder ein Kälteeinbruch wie vor einem Jahr.
Am Nachmittag kam die Meldung: cold weather kit is essential
(Kalt-Wetter Ausrüstung ist wesentlich, mit Polar- oder Daunenjacke).
Eine solche hatte ich nicht, zum Glück konnte ich die von meiner Tochter ausleihen.
(Kalt-Wetter Ausrüstung ist wesentlich, mit Polar- oder Daunenjacke).
Eine solche hatte ich nicht, zum Glück konnte ich die von meiner Tochter ausleihen.
Ohne diese Jacke hätte die Kälte mir den Lauf sicher wieder vergrault
und ich hätte wie letztes Jahr in Courmayeur aufhören müssen.
Erst um halb sechs brachten wir die Säcke an die
Abgabestelle für Courmayeur, danach ging es an den Start.
Um 18 Uhr ging es los. Doch vorerst im Schneckentempo durch Chamonix. Für den ersten Kilometer benötigten wir 11 Minuten. Da rief noch jemand meinen Namen: Es war Francesco, ein Bekannter vom Sella Ronda Lauf in Süd-Tirol vor 3 Jahren.
Er sollte uns bis zum Schluss immer wieder begleiten. Aber jetzt
war er zu schnell unterwegs für uns, wir gingen es gemächlich an. Darum
befanden wir uns so ziemlich am Ende. Ja, es war fast einsam. Wir liefen durch
Dörfer und Wälder, wo Menschen uns zujubelten, aber auch schon uns
entgegenkamen, nachdem sie die Spitze auf den Hügel gesehen hatte.
Es begann nun zu regnen. Jacke anziehen. Es hörte
wieder auf, wieder abziehen.
Der Weg runter nach Saint Gervais war eine reine
Rutschbahn.
Bereits in Saint Gervais hörten wir die Aufrufe, dass
der Cut Off bald bevorstand. Ich ass soviel Nudelsuppe wie möglich und musste
meine Wasserflaschen fortwerfen, da das Wasser ungeniessbar war. Es lag aber nicht am Wasser.
Saint Gervais: Wir kamen um 21:38 an (22km/918 HM, Rang 2493)
In einer Pizzeria schenkten sie mir eine Halbliter
Plastik Flasche, die musste reichen bis Courmayeur. Eigentlich hätte Aselia mir
neue Soft Flasks in Saint Gervais geben können, doch der versprochene Bus fuhr nicht von Chamonix nach Saint Gervais.
Das Wetter machte zum Glück nicht durstig.
Jetzt folgte der 1600 Meter Aufstieg zum Bonhomme mit unterwegs zwei Verpflegungsposten, Contamines und la Balme. Beim letzteren ging es mir
nicht gut, es war kalt, trotz Daunenjacke, die Kleider waren vollgeschwitzt, kaum Platz
zum absitzen im Zelt, ich hockte mich auf den Boden und zog trockene Kleider an . Ich fühlte mich kraftlos und mir war schwindlig. Ich beschloss, entgegen meinem Plan, jetzt schon Cola zu trinken.
Und schon bald kamen die Kräfte zurück. Bis zum
Schluss in Chamonix hielt ich mich an Gels, Nudel-oder Reis-Suppe und zum Trinken nur Wasser
und Cola.
Auf dem Abstieg nach Chapieux blieb Fabian weit hinter
mir. Ich stürzte mich hinunter, das gab mir neue Lebenskraft, das ist das, was
ich liebe: downhill.
Doch so einfach war es nicht, es hatte enge Stellen, wenig oder gar kein Platz zum Überholen und viele Gruppen, die hinter einem langsamen oder
vorsichtigen Läufer hinterherlaufen mussten.
Ich verstand das nicht, dass die nicht Platz machten
und ich riskierte viel, um an denen vorbeizukommen.
In Chapieux holte ich mir die Suppe und wartete
draussen, um ja nicht Fabian zu verpassen. Ich machte mir bereits Sorgen um
ihn, als er auftauchte, noch rechtzeitig. Er war gestürzt und liess die Wunde
bei der Sanität noch säubern und weiter ging es.
Chapieux: Wir kamen um 04:42 an und gingen um 05:01 (51km/2796 HM,
Rang 2307)
Der nächste Berg wartete: Col de la Seigne. Hinauf,
hinauf.
Langsam begann es zu tagen, doch der Himmel war noch fast voll bedeckt.
Was enttäuschend ist, wieviele ihren Müll einfach in
der Natur entsorgen. Was an anderen Läufen zu Strafen führt, ist hier
anscheinend gang und gäb.
Lac Combal: Es war nun bitterkalt am Morgen früh, aber es hatte nicht mal ein Zelt, nur Stände mit Essen
und Trinken. Nirgends ein Plätzchen, um sich aufzuwärmen.
Weiter ging es hinauf auf den Mont Fabre und danach runter zum Col Checruit.
Nach Col Checruit ging es steil hinunter nach Courmayeur und nach jedem Schritt eines Läufers entstand eine Staubwolke.
Weiter ging es hinauf auf den Mont Fabre und danach runter zum Col Checruit.
Nach Col Checruit ging es steil hinunter nach Courmayeur und nach jedem Schritt eines Läufers entstand eine Staubwolke.
Aselia kam uns kurz vor dem Verpflegungsposten entgegen und half uns, uns zu
versorgen mit Essen und Wasser.
Viel Platz war nicht in der Halle und überall war es dreckig und nass. Ich packte alles aus dem abgegebenen Sack und versuchte mich darauf zu konzentrieren, was ich neu brauchte, was zurückbleibt, was nicht fehlen darf. Gleichzeitig sollte ich unbedingt etwas essen dann noch diverse Geräte aufladen.
Leider litten die Batterien der Fotokamera unter der Kälte, ich hatte vier Stück dabei und alle viere brachten kaum die Hälfte der Leistung unter normalen Umständen.
Viel Platz war nicht in der Halle und überall war es dreckig und nass. Ich packte alles aus dem abgegebenen Sack und versuchte mich darauf zu konzentrieren, was ich neu brauchte, was zurückbleibt, was nicht fehlen darf. Gleichzeitig sollte ich unbedingt etwas essen dann noch diverse Geräte aufladen.
Leider litten die Batterien der Fotokamera unter der Kälte, ich hatte vier Stück dabei und alle viere brachten kaum die Hälfte der Leistung unter normalen Umständen.
Da ging die Zeit viel zu schnell vorbei. Es wurde hektisch und wir mussten weiterziehen. Weiter, weiter.
Courmayeur: Wir kamen um 12:17 an und gingen um 12:51 (79km/4400 HM,
Rang 2244), Cut-Off war um 13:15
Jetzt ging es hinauf zu den Hütten: Bertone und Bonatti.
In Bertone schien die Sonne, die einen lagen auch im
Gras. Wir nicht, wir zogen zügig weiter.
Es ging nun auf und ab, wie es aus dem Profil nicht
genau hervorgegangen war. Ein Roadbook mit detailierteren Angaben zu jeder
Teilstrecke wäre schon nicht schlecht.
In Bonatti zeigte uns ein Offizieller die Läufer weiter oben und erklärte, dass es nachher nur noch hinunter geht nach Arnouvaz. Trau nie einem Einheimischen. Immer wieder macht man den gleichen Fehler. Die einen sehen auch seriös aus und man glaubt ihnen. Oder will ihnen glauben.
Der in Bonatti war jedoch ein Nachfahre Pinocchios. Es ging noch mehrmals zünftig hinauf, bevor es hinunterging nach Arnouvaz.
Dort hatten wir nur etwa 15 Minuten Zeit bis zum Cut Off. Aselia war
dort, durfte aber nicht mit ins Zelt. Jetzt hiess es noch, dass wir ohne
Regenjacke und Regenhose nicht weiterlaufen durften. Nur wer diese anhatte,
durfte weiter.
Also Schuhe ausziehen, Hosen an, Schuhe wieder
anziehen und schnell raus aus dem Posten, bevor sie zumachen.
Jetzt ging es auf den höchsten Berg den Col Ferret,
der Grenze zur Schweiz. Inzwischen hatte sich eine Wetterlage breit gemacht,
die unter dem Namen «retour de l’est» bekannt ist. Zu spüren war das auf der
Rückseite des Col Ferret, wo der Wind aus Osten durch Mark und Bein ging. Trotz
Regenkleider, die erstaunlich gut auch gegen den Wind Schutz boten.
Fabian und ich hatten verabredet, dass er alleine
hinaufläuft, wo er schneller ist und ich ihn einhole auf dem Weg nach unten.
Doch nach dem anstrengenden Aufstieg, wo ich alleine war, lief bei mir nichts mehr auf dem Weg nach unten. Laufend wurde ich jetzt überholt. Und keiner sprach, alle waren sie erschöpft. Ich versuchte dennoch ins Gespräch zu kommen, aber es schien nur noch Asiaten um mich zu haben, die nicht mal Englisch sprachen.
Viele Läufer kamen aus Hong Kong. Ich verwechselte ihr Wappen und meinte des öftern, einen Schweizer oder Schweizerin vor mir zu haben.
Ich war total erschöpft. Ich meldete mich per whatsapp
bei meiner Tochter:
Viele Läufer kamen aus Hong Kong. Ich verwechselte ihr Wappen und meinte des öftern, einen Schweizer oder Schweizerin vor mir zu haben.
Ich war zufrieden, es bis in die Schweiz geschafft zu
haben. Aber der Col Ferret war ein Berg zuviel. Auf dem ganzen Weg nach unten
überlegte ich mir, wie ich den DNF (Did not finish) mir gegenüber rechtfertigen würde.
Inzwischen stellten sich auch Halluzinationen ein, ich sah Häuser und Menschen, die sich in Bäume und Äste verwandelten, sobald ich näher kam. Ich sah am Boden Menschenketten sich bewegen, und wie einzelne Akrobaten mit zwei- und Dreifachsaltos herumturnten.
Inzwischen stellten sich auch Halluzinationen ein, ich sah Häuser und Menschen, die sich in Bäume und Äste verwandelten, sobald ich näher kam. Ich sah am Boden Menschenketten sich bewegen, und wie einzelne Akrobaten mit zwei- und Dreifachsaltos herumturnten.
In La Fouly erkundigte ich mich, wie ich zurück kommen könne nach Chamonix, wenn ich aufgebe.
Dafür standen Busse zur Verfügung. Das tönte verlockend. Dann dachte ich an meine Tochter, die mich via App verfolgte und wie sie jubeln würde, wenn ich mich wieder aufmachen würde.
Dafür standen Busse zur Verfügung. Das tönte verlockend. Dann dachte ich an meine Tochter, die mich via App verfolgte und wie sie jubeln würde, wenn ich mich wieder aufmachen würde.
La Fouly: Ich kam um 22:12 an und ging um 22:22 (110km/6383 HM,
Rang 1990)
Also lief ich wieder los. Von Champex, dem nächsten Posten, würden auch
Busse fahren. Ich rief ihr an und fragte sie, ob sie sehe, was ich mache. Ich
laufe nämlich weiter.
Es ging tatsächlich hinunter, dann aber zügig hinauf
in einen verwunschenen Märchenwald. Ich
hatte das Gefühl, mich in diesem Aufstieg im Wald zu verirren.
Ich fragte einen Japaner, ob wir richtig seien. Er kannte das Wort «Champex» nicht einmal.
Einige Stellen im Wald kamen mir bekannt vor, lief ich etwa im Kreis immer an den gleichen Wegweisern vorbei?
Ich war völlig verunsichert und ich hatte überhaupt keine Zeit, um noch Umwege zu machen. Von hinten kamen andere Läufer und ich schloss mich ihnen an und wir schafften es, wiederum kurz vor dem Cut Off, nach Champex.
Ich fragte einen Japaner, ob wir richtig seien. Er kannte das Wort «Champex» nicht einmal.
Einige Stellen im Wald kamen mir bekannt vor, lief ich etwa im Kreis immer an den gleichen Wegweisern vorbei?
Ich war völlig verunsichert und ich hatte überhaupt keine Zeit, um noch Umwege zu machen. Von hinten kamen andere Läufer und ich schloss mich ihnen an und wir schafften es, wiederum kurz vor dem Cut Off, nach Champex.
Champex: Ich kam um 01:58 an und wir gingen um 02:16 (125km/6917 HM,
Rang 1893)
Fabian hatte ebenfalls zu kämpfen in diesem Wald, er
dachte zum Beispiel, er müsse Brot bringen nach Champex in eine Bäckerei und sei darum
unterwegs.
Er hatte in Champex auf mich gewartet und zu zweit
zogen wir nun wieder los. Nur noch drei Berge sagten wir uns, um uns zu
beruhigen. Wir waren in den zweiten Nacht und glaubten so langsam daran, dass
ein Finish möglich sein könnte. Inzwischen waren wir über 32 Stunden unterwegs.
Eine Frau überholte uns und rief nach hinten auf Hochdeutsch, dass sie im Sommer Rennrad fahre. Sie lief an uns vorbei und ich erkannte ihre Art zu gehen. Ich ging zu ihr und fragte sie, ob sie schon mal in Biel gelaufen sei. Sie brummelte etwas und ich fragte, ob sie schon am Irontrail gelaufen ist.
Sie habe alle Irontrails gemacht, antwortete sie. Jetzt wusste ich es. Das war Anke, eine ehemalige 100km Siegerin in Biel, die ich am Irontrail 2016 mehrmals getroffen hatte.
Wie am Irontrail sprach sie kurz mit mir, um dann loszulaufen und immer schneller davonzuziehen.
Eine Frau überholte uns und rief nach hinten auf Hochdeutsch, dass sie im Sommer Rennrad fahre. Sie lief an uns vorbei und ich erkannte ihre Art zu gehen. Ich ging zu ihr und fragte sie, ob sie schon mal in Biel gelaufen sei. Sie brummelte etwas und ich fragte, ob sie schon am Irontrail gelaufen ist.
Sie habe alle Irontrails gemacht, antwortete sie. Jetzt wusste ich es. Das war Anke, eine ehemalige 100km Siegerin in Biel, die ich am Irontrail 2016 mehrmals getroffen hatte.
Wie am Irontrail sprach sie kurz mit mir, um dann loszulaufen und immer schneller davonzuziehen.
Jetzt ging es in der Nacht nach Trient via La Giete. Ich musste
beim Aufstieg wieder warten, bis ich dank Gel und Cola wieder Energie bekam.
Zu Beginn war mir wieder mal schwindlig und so nach zwanzig Minuten kam das gute Gefühl zurück, ich freute mich am laufen und begann, zügig hinaufzulaufen. Fabian und Francesco im Schlepptau. Wir überholten nur noch.
Zu Beginn war mir wieder mal schwindlig und so nach zwanzig Minuten kam das gute Gefühl zurück, ich freute mich am laufen und begann, zügig hinaufzulaufen. Fabian und Francesco im Schlepptau. Wir überholten nur noch.
Als ich mal stehenblieb, um zu Filmen, war Fabian weg
und eine Gruppe überholte mich, an der ich nicht mehr vorbeikam. Als es mir
doch gelang, hörte ich von hinten Francesco meinen Namen rufen. Also wartete
ich auf ihn, er hatte Mühe mit Sekundenschlaf und wäre froh, wenn ich mit ihm
laufen würde.
Fabian hatte noch erwähnt, dass es auf 1800 Meter
gehen würde, es waren aber schlussendlich 300 Höhenmeter mehr. Was nicht sein Fehler war. Die Hütte nach dem Gipfel lag auf 1800, der Pass auf 2100 Meter. Unterwegs tut das weh, wenn man meint, man sei jetzt bald oben, aber es noch weiter hinauf geht. Mental ist das eine echte Prüfung. Vor allem, wenn dann noch eine Schwäche mit Schwindel dazukommt, die erst nach einer Weile verschwindet, nachdem man Gels hinuntergewürgt hat.
Beim Abstieg stellte meine Stirnlampe ohne Vorwarnung ab. Francesco gab mir Licht, damit ich die Batterie wechseln konnte. Doch die war leer. Also Ersatz Stirnlampe hervor nehmen, doch die war fast leer. Mit sehr wenig Licht folgte ich Francesco bis zum Stall (1800 Meter), wo ich die letzten Batterien einsetzte und wieder genügend Licht hatte.
Beim Abstieg stellte meine Stirnlampe ohne Vorwarnung ab. Francesco gab mir Licht, damit ich die Batterie wechseln konnte. Doch die war leer. Also Ersatz Stirnlampe hervor nehmen, doch die war fast leer. Mit sehr wenig Licht folgte ich Francesco bis zum Stall (1800 Meter), wo ich die letzten Batterien einsetzte und wieder genügend Licht hatte.
Im Stall lagen die Läufer unter ihren Rettungsdecken
und wurden nach 10 Minuten geweckt und raus gejagt. Ich ging freiwillig. Via den Pass Col de Forclaz, wo es nun tagte und man die Dents du Midi von hinten sehen
konnte. Für Sonntag war auch besseres Wetter vorhergesagt worden.
In Trient wartete meine Tochter auf uns, die morgens um fünf Uhr den ersten Bus nehmen wollte nach Trient. Nur das dieser auch nicht existierte, erst um halb sechs fuhr einer.
Es war so schön, sie zu sehen, das gab Auftrieb, sie kümmerte sich im Zelte auch um alles, Essen, Kleider, Tipps.
Es war so schön, sie zu sehen, das gab Auftrieb, sie kümmerte sich im Zelte auch um alles, Essen, Kleider, Tipps.
Via Les Tseppes, den zweitletzten Berg, ging es nach Vallorcine,
zurück nach Frankreich ins Tal, wo auch Chamonix liegt.
In Vallorcine war es ziemlich knapp mit der Zeit, Aselia holte
Cola und Essen für uns und es war aufbauend, sie so zu strahlen zu sehen. Sie glaubte fest daran, dass wir es schaffen würden.
Vallorcine: Wir kamen um 11:00 an und gingen um 11:08 (152km/8837 HM,
Rang 1778)
Vier Kilometer und 200 Höhenmeter weiter war der
nächste Cut Off. Wir liefen zügig los und erst dann erfuhr ich von diesem
Zwischenspurt, den wir einlegen mussten. Francesco, der jetzt immer mit uns
gelaufen war, war noch in Vallorcine zurückgeblieben.
Und ich wusste nicht, ob er das wusste von den vier
Kilometern. Also liess ich Fabian ziehen und rannte einen halben Kilometer
zurück, fand ihn aber nirgends, also rannte ich wieder nach vorn zu Fabian.
Wir kamen an einen Parkplatz auf dem Col des Montets. Dort
waren nur ein paar Leute und eine junge Dame mit einem ipad, die etwas
aufschrieb. Wir hatten den Posten gut
geschafft. Cut Off war um 12 Uhr 15 und es war erst 11 Uhr 45.
Ein Stück weiter unten machten wir Pause, Fabian zog seine kurzen Hosen an und ich fotografierte in der Gegend rum. Nach unseren Berechnungen konnte jetzt nichts mehr schief laufen, wir konnten den Rest der Strecke in Ruhe angehen. Hatten wir doch fast drei Stunden Zeit für 13 Kilometer und etwa 700 Höhenmeter. Fast hätten wir alles verloren durch unsere Fehleinschätzung. Gemütlich liefen wir hinunter, bevor es wieder hinaufging.
Ein Stück weiter unten machten wir Pause, Fabian zog seine kurzen Hosen an und ich fotografierte in der Gegend rum. Nach unseren Berechnungen konnte jetzt nichts mehr schief laufen, wir konnten den Rest der Strecke in Ruhe angehen. Hatten wir doch fast drei Stunden Zeit für 13 Kilometer und etwa 700 Höhenmeter. Fast hätten wir alles verloren durch unsere Fehleinschätzung. Gemütlich liefen wir hinunter, bevor es wieder hinaufging.
Bevor es in den Trail wechselte, hatte es wiederum
Leute und dieses Mal waren es die richtigen Zeitnehmer.
Es war 12:11 Uhr und um 12:15 Uhr war Cut Off.
Wir hatten aus falschen Annahmen fast
den Cut Off verpasst. Bevor wir losliefen den Berg hinauf, sahen wir Francesco
und noch weitere mit den Zeitnehmern diskutieren.
Das ganze lief aber nicht ab ohne uns tüchtig
durchzuschütteln.
Zum Glück konnten wir uns auf dem nächsten Abschnitt
beruhigen, den für diesen hatten wir, wie wir noch immer dachten, genügend Zeit.
Bis wir zu einem kleinen Verpflegungsposten kamen, wo es nur Getränke gab. Ich wollte wissen, wie lange wir brauchen würden, bis La Flegere, dem Posten, wo es danach nur noch runter geht nach Chamonix. Die Auskunft erschütterte uns. Soviel Zeit wie er uns angab, hatten wir gar nicht mehr.
Jetzt ging es auch noch sehr technisch hinunter, bevor
es wieder hinaufging nach La Flegere. Wir überholten Francesco, keine Ahnung,
wie der an uns vorbei gelaufen war und ich fragte ihn, wie lange wir nach seiner
Ansicht brauchen würden nach La Flegere. Doch er brabbelte nur etwas von
zweieinhalb Stunden, was der Zeit ab dem letzten Posten bis nach La Flegere
entsprach.
Wir kamen in den Felsen und Steinen kaum vorwärts, der Weg war so verblockt. Laufen war unmöglich.
Wir kamen in den Felsen und Steinen kaum vorwärts, der Weg war so verblockt. Laufen war unmöglich.
Wir fragten einen Mann, mit einem mit Securiton
angeschriebenen T-Shirt. Seine geschätzte Zeit lag ebenfalls weit über dem, was wir noch
zur Verfügung hatten.
Waren wir bisher schon über unsere Grenzen
hinausgewachsen, war nun ein Exploit gefragt, der unsere Körper über den Rand des
Möglichen brachte.
Endlich kamen wir auf einen Weg, auf dem wir rennen konnten. Die letzten Reserven waren längst aufgebraucht, wir liefen auf dem Zahnfleisch.
Endlich kamen wir auf einen Weg, auf dem wir rennen konnten. Die letzten Reserven waren längst aufgebraucht, wir liefen auf dem Zahnfleisch.
Wir überholten eine Familie, wo der Läufer im Gesicht
blutüberströmt war. Ich sagte ihnen, dass wir uns beeilen müssten. Sie liessen
sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen, sie kennen den Weg und ihr Tempo müsste
passen.
Kurz danach kamen wir an eine Tafel: La Flegere 1h 40m
und es war schon 13:45. Wir mussten in einer Stunde dort sein, sonst wäre alles
vorbei.
Fabian gab den Takt an und ich versuchte ihm zu
folgen. Ich sprach alle Läufer unterwegs an und erklärte ihnen die Lage. Einige
davon begriffen den Ernst der Lage und schlossen sich uns an.
Als ich zwei Wanderer traf, die von La Flegere kamen,
fragte ich sie wieder und sie meinten auch, dass es knapp werden könnte. Ich
bat sie, diese Info allen Läufern weiterzugeben, denen sie noch begegnen.
La Flegere: Wir kamen um 14:24 an (163km/9789 HM, Rang 1722)
Wir hatten in La Flegere 21 Minuten Reserven. Unglaublich wie
schnell wir hoch gekommen waren unter dem Druck des Cut Offs. Einige bedankten
sich bei mir, vor allem Japaner/innen, die den Aufstieg ziemlich locker
angegangen waren oder sich sogar hingesetzt hatten.
Neun Läufer hatten es nicht mehr geschafft, rechtzeitig nach La Flegere zu kommen, nachdem sie noch am letzten Posten durchgekommen sind. Am letzten Posten vor Chamonix zu scheitern, muss extrem bitter sein.
Neun Läufer hatten es nicht mehr geschafft, rechtzeitig nach La Flegere zu kommen, nachdem sie noch am letzten Posten durchgekommen sind. Am letzten Posten vor Chamonix zu scheitern, muss extrem bitter sein.
Erstmals sah ich getrocknete Feigen und freute mich. Nur
brachte ich sie nicht mehr hinunter und musste sie ausspucken. Sie landeten
nicht weit auf meiner Schuhspitze.
Jetzt wollten wir nichts mehr anbrennen lassen und wir liefen so schnell es noch möglich war hinunter nach Chamonix. Ich wollte mich immer wieder kurz hinsetzen, aber ich wusste, ich hätte mich gleich hin gelegen und wäre eingeschlafen. Zum Glück waren wir zu zweit unterwegs.
Nach endloser Zeit erreichten wir Chamonix.
und konnten so zu zweit den Jubel des Publikums auf den letzten hundert Meter richtig geniessen.
und konnten so zu zweit den Jubel des Publikums auf den letzten hundert Meter richtig geniessen.
Chamonix: Wir kamen um 16:12 an (170.12 km/9789 HM, Rang 1737)
18 Minuten vor dem letzten Cut Off.
Wir hatten das Undenkbare, ja das eigentlich Unmögliche geschafft.
Ursprünglich war der Plan, dass ich Fabian bis Courmayeur begleite als Supporter und ihn dann ziehen lasse. Dass wir es beide geschafft hatten, will mir einfach nicht in den Kopf.
Am Abend gab es eine Pizza und am nächsten Tag nach einem Brunch im Restaurant 4810 fuhren wir via Col de Forclaz zurück in die Deutschschweiz.
Wir hatten das Undenkbare, ja das eigentlich Unmögliche geschafft.
Ursprünglich war der Plan, dass ich Fabian bis Courmayeur begleite als Supporter und ihn dann ziehen lasse. Dass wir es beide geschafft hatten, will mir einfach nicht in den Kopf.
Am Abend gab es eine Pizza und am nächsten Tag nach einem Brunch im Restaurant 4810 fuhren wir via Col de Forclaz zurück in die Deutschschweiz.
You Tube: Packing for UTMB
You Tube: The Trailer
You Tube: UTMB - Part One
You Tube: UTMB - Part Two - UTMB
You Tube: UTMB - The best moments in slow motion
Ein paar Zahlen:
Laut dieser Statistik auf Facebook betrug die Finisherrate bei Schweizern 80%, bei Hong Konger 45%. Und von 70 gestarteten Läufer über 60 Jahre, sind 32 ins Ziel gekommen.
Auszug aus der Zeitung:
By 16:58 on Sunday, September 2nd 2018, more than 10,000 runners had taken part in one of the seven scheduled races for the UTMB week in Chamonix, crossing over three different countries.
The competition's main race, the 171km Ultra Trail du Mont Blanc, started at 18:00 on Friday and its last participant crossed the finish line just two minutes before 17:00 on Sunday. Of the 2561 athletes that started the challenge in Chamonix, only 1779 made it back into town within the 46h30 time constraint. This year's UTMB was dominated by tough conditions, especially cold temperatures which dropped down to around -10ºC at high altitude, as well as low cloud, rain and winds.
Frenchman Xavier Thévenard was able to deal with the cold weather to win his 3rd UTMB, after 2013 and 2015, with a time of 20:44:16 ahead of this year's wild card, Romanian Robert Hajnal (21:31:37), and Spaniard Jordi Gamito (21:59:42). Thévenard, from Chamonix's neighbouring Jura mountains, joins the ranks of the only other three-time UTMB winner, Spanish legend Kilian Jornet. He is also the only athlete to complete the UTMB's grand slam, having also won the TDS (2014), CCC (2010) and OCC (2016)
Chamonix
Comfortably in the lead by the Col de La Forclaz (km 134), he stayed out in front and never let up. This year's race was full of surprises as all of the favourites but for Thevénard dropped out during the course of the UTMB. Jornet, who won the Marathon du Mont Blanc just a couple of months ago had to abandon at the Refuge Bonatti, at around 90km, due to an adverse reaction to the medicine that he took after being stung by a bee just hours before the race. His fight with Jim Walmsley never happened and the American stopped at Champex after 120km. Another favourite, Zach Miller, quit at the same spot, while Alex Nichols and Tim Tollefson had to pull out because of bad falls.
Chamonix
The women's race saw a spectacular victory with the first three female runners crossing the finish line within only a 12-minute span. Francesca Canepa, a 47-year-old former professional snowboarder who started her trail running career at 40, enjoyed her first win at the Chamonix event in a time of 26:03:48. Her strategy was "to be patient, which is hard since everyone passes you at the beginning of the race. It’s all too easy to get caught up in the general euphoria of the race and to ruin it all. I was able to stay calm, never really worried, and, in the end, my strategy worked." Only four minutes later, Spaniard Uxue Fraile Azpeitia finished in second place and French Jocelyne Pauly arrived third, seven minutes behind Fraile.
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