Freitag, 22. Juli 2016

2016 Eiger Ultra Trail - 101km

Nach dem Innsbruck Fiasko mit den Herzproblemen und dem gerade noch gutgegangen Bieler mit Magenproblemen stand in diesem Jahr die dritte Prüfung an

 
101 Kilometer mit 6‘700 Höhenmetern.



Aselia, meine Tochter und Fabian, ihr Freund, hatten ebenfalls im letzten Jahr einen der gesuchten Startplätze erhalten.

Ich fuhr bereits am Donnerstag in die Berge. Das Wetter war grausig und es war kalt geworden. Das führte dazu, dass es oben Schnee gab und davon jede Menge. War noch ein paar Tage vorher alles schneefrei, änderte sich das in den zwei Tagen vor dem Event. Das sollte einiges zum Drama nach dem Faulhorn beitragen.

Nach dem Briefing fragten wir beim Streckenleiter nach, wie es mit dem Schnee aussieht und ob wir Spikes mitnehmen sollen. Er beruhigte uns und fand Spikes überflüssig. Wir wollten noch wissen, ob die Zeiten zu unseren Gunsten angepasst werden, falls wir im Schnee zuviel Zeit verlieren würden. Das würden sie situativ entscheiden.

Hätten wir wegen den Spikes nur nicht auf ihn gehört!

Ok, wir konnten los und das auf der Originalstrecke. Wir starteten hinten, trafen Clive wieder (den Engländer, den sie letztes Jahr in Burglauenen zurück halten wollten, weil er so komisch lief, dabei lief er immer so) und wir waren auch bald die letzten, zusammen mit einem Läufer aus Deutschland, der seinen Hund mit auf die Strecke nahm. Wir waren uns nicht sicher, ob das wirklich noch tierfreundlich ist.
 
 
Ruhig und gemütlich ging es hinauf zur grossen Scheidegg. Ich ass den einzigen Riegel am Lauf und musste immer wieder stehen bleiben, es war so unglaublich schön.
 
Auf der grossen Scheidegg kamen wir später an als letztes Jahr. Clive klagte über Trainingsrückstand nach Verletzungen, lief mir aber locker voraus.

 
 

Die Sonne empfing uns auf der Scheidegg und es war einfach nur herrlich. Runter nach Bort, wieder rauf zum First.
 
 
Trotz unserer partiellen Höhenangst liefen wir über den Cliff Walk, einfach nicht hinunterschauen.


Es war ein Bilderbuchtag. Blauer Himmel, überzuckerte Berge, warme Temperaturen.  Jetzt liefen wir mit den 51er weiter bis nach Burglauenen. Schon bald nach dem Bachalpsee liefen wir auf Kolonnen auf. Überholen war nicht möglich in den engen Trails. Ein wenig ungeduldig wurde ich schon und überholte an der erstbesten Stelle, wo ich eine Wiese hinunterrutschte. Zum Glück fiel ich nicht hin. Das hätte sicher einiges an Schadenfreude ausgelöst.
Mit einem Paar aus Schweden genoss ich die Freiheit, schnell loszulaufen. Ihr wäre diese fast zum Verhängnis geworden bei einem Stolpern. Für das trainieren wir auch unsere Balance. Sie fing sich akrobatisch auf.
 


Im Kuhstall gab es Verpflegung, ein origineller Ort.  Fabian schlug auch hier wieder zu, mir kam es vor, als laufe er von einem Buffet zum nächsten. Ich hielt mich zurück. Ich hatte Datteln und Kartoffeln dabei, den Clif Bar vom ersten Aufstieg und sonst nur noch gesalzene Nüsse.

Zum Trinken nur Wasser.

Weiter ging es hinauf zum Faulhorn. Auf dem höchsten Punkt des Laufs empfing uns eine längere Schlange vor dem Verpflegungsposten. Wir mussten sicher 10 Minuten warten. Da es warm und sonnig war, machte uns das aber nicht viel aus.
 

Das Drama begann erst nach dem Faulhorn. Es lag vielerorts sehr viel Schnee. Vor allem für meine Tochter wären Spikes Gold wert gewesen. Sie fühlte sich unsicher, sobald es rutschig wurde auf Schnee.

Jetzt sorgten wir für Stau. Irgendwann setzte bei ihr sogar eine Blockade ein und sie blieb an einer engen, ausgesetzten und schneebedeckten  Stelle stehen. Ein Läufer kam von hinten und griff beherzt zu. Er packte sie am Arm, ich hielt sie am Rucksack und beide zogen wir sie weiter.

Immer wieder gab es kritische Stellen und wir verloren viel Zeit. Vor dem Verpflegungsposten Egg und nachdem kein Schnee mehr lag, verabschiedete ich mich von den beiden, ich musste los, damit ich die Schlusszeit auf der Schynigen Platte noch erreichen konnte.

Das klappte, aber nur nach einem kräfteraubendem Einsatz auf den verbleibenden 8 Kilometern bis zur Schynigen Platte.

Fünf Minuten vor dem Cut Off kam ich an und die junge Frau beim Posten liess mich durch.

Andere hatten weniger Glück. Die Schynige Platte war ein Posten, wo sie keine Gnade walten liessen.
 
 
Auf Facebook bedankt sich eine Läuferin, dass sie weiter konnte, obwohl sie zu spät war. Unterwegs erzählte mir ein Läufer, der gestürzt war und voller getrocknetem Schlamm war, dass auch bei ihm ein Auge zugedrückt wurde.

 

Meine Tochter und ihr Freund wurden aus dem Rennen genommen, ja ein Läufer, der zwei Minuten zu spät kam, musste den Chip abgeben.

Und das obwohl wir viel Zeit vor dem Faulhorn in Einerkolonnen verloren hatten, auf dem Faulhorn in der Warteschlange vor dem Posten und danach auf den schneebedeckten Wegen.

Schade, dass sie bei diesem Posten nicht kulanter waren. Aber so ist das Leben, des einen Pech…

Und Reglement ist Reglement. Andrerseits hätten sie die Läufer noch nach Burglauenen schicken können, mit der Bedingung, dass sie dort den Posten noch vor der Schlusszeit erreichen müssen.

Die Wanderer unterwegs hatten durchwegs Verständnis für uns Läufer, ausser einem älteren Paar aus der Schweiz, das partout den Weg nicht freimachen wollte und sich genervt zeigte ab den vielen Läufern. Ansonsten erhielten wir viel Ermunterung und Beifall.


In Burglauenen hatte ich letztes Jahr den Fehler gemacht und keine Pasta gegessen. Das sollte mir in diesem Jahr nicht passieren. Doch es gab nur Pasta bereits angerichtet mit Tomatensauce.  Leider musste ich auch in diesem Jahr auf Pasta verzichten, weil ich Tomaten nicht vertrage. Die kalten Teigwaren, die sie mir anboten, waren ungeniessbar.



Ob ich Bouillon mit Fleisch wolle oder Gemüsebouillon, wurde ich gefragt. Ja, gibt es denn beides, fragte ich zurück. Ja, und das an allen Posten. Jetzt wusste ich, warum mir als Vegetarier an einem Posten die Bouillon so schrecklich geschmeckt hatte, ich aber dennoch pflichtbewusst den ganzen Becher ausgetrunken hatte.

Seit über 20 Jahren Vegi und dann sowas!!

Jetzt werden alle Nicht-Vegi einwerfen: Jetzt weisst du, warum du gefinished hast!

Von Burglauenen nach Wengen, das übrigens nie kommen will, begleitete mich Christian, mein treuer Begleiter vom Bieler. Kurz vor der Alp hatte ich meine grosse Krise.  Ich setzte mich hin, mir war übel, schlecht, vielleicht noch bis Wengen, aber keinen Schritt weiter.

Warum habe ich mich bloss nicht für’s Golfen entschieden?

Ich griff zum ersten Mal zu mit Wasser verdünntem Cola.
 
Welch ein Genuss. Einige Minuten später ging es mir besser, aber noch nicht gut. Ich ass noch ein paar Nuss-Stengel und in Wengen leerte ich zwei Becher Cola, ass aber nichts.

Das konnte nicht gutgehen, soviel Kalorien verbrauchen, sowenig einnehmen.

Die Begleitung hatte gutgetan, leider liess sich Christian nicht überreden, noch mit auf den Männlichen zu kommen.

Auf dem Weg dorthin fühlte ich mich gigantisch. Es lief mir sehr gut und ich überholte nur noch.
 
 
 
Auf dem Männlichen hatte ich eine halbe Stunde Reserve auf die Schlusszeit. Sie waren so freundlich mich in das Restaurant zu lassen und mich dort auf die Nacht vorzubereiten. Ich zog eine Jacke an und meine Stirnlampe, die Lupine Neo 2.

Noch immer fühlte ich mich sehr gut, wartete aber auf weitere Läufer, um nicht allein durch die Nacht zu laufen.
 
 
Faye Ng aus Hongkong und ein junger Mann aus Polen kamen mit mir auf‘s Lauberhorn. Die Nacht war magisch, der Mond schien, Restlicht auf dem Eiger, der Schnee glitzerte. Traumhaft.

Ich erzählte beim Hundschopf von der Weltcup-Abfahrt, das Interesse war aber sehr gering.

Unterwegs zur kleinen Scheidegg staunte eine Amerikanerin über mein helles Licht. So hell empfand ich es gar nicht. Erst da dämmerte es mir, ich hatte um 23 Uhr noch immer meine Sonnenbrille auf!!

Oben legte ich mich auf eine Pritsche, wieder war mir übel. Ich bekam Bouillon und als ich sie vom Schlussläufer reden hörte, stand ich auf, leerte einen Becher Cola und machte mich auf nach unten zur Haaregg, bevor es wieder hinaufging zur Station Eigergletscher.

Jetzt bewegten wir uns mit der Fliess-Geschwindigkeit eines Gletschers. Der junge Mann aus Polen sah mitgenommen aus.
 
 
Einige, die ich ab Burglauenen unterwegs traf, finde ich nicht  auf der Rangliste. Auch der junge Mann aus Polen mit der Nummer 567 ist nicht drauf.

Es kam bei mir wieder Leben auf, sobald es auf dem Eigertrail hinunter ging. Zuerst gab es aber noch eine fiese Gegensteigung. Faye im Schlepptau rannte ich den Eigertrail hinunter.
 
 
Jetzt schon packte mich ein Schaudern, der Eiger Ultra Trail war wirklich zu schaffen.

Der Weg zum Marmorbruch war mühsamer als angenommen, es war so wurzelig und es ging immer wieder hinauf. Auf die Pfingstegg hinauf lief ich mit einer Polin, Violetta Domaradzka, die sich immer wieder auf ihre Stöcke kurz abstützen musste
 
 
 
 und einem Inder, Girish Vg, der schon so viel schon gemacht hatte, das ich bei ihm Trailsucht diagnostizierte. Aber darunter „leiden“ wohl die meisten, die sich das antun.



Die Lampe gab ihren Dienst kurz vor der Pfingstegg auf, gut hatte ich die Reservelampe dabei. Irgendwie hatte ich auf der Lupine die falsche Einstellung gewählt und zuviel Licht verpulvert.

Hinunter hielt mich nichts mehr, ich fühlte mich wie berauscht. Nichts tat weg und ich flog den Hügel hinunter, liess den Inder und die Polin hinter mir und überholte nach dem Campingplatz weitere Läufer, ich stürzte mich ins Dorf hinauf, jubelte und kam tatsächlich bis ins Ziel. Wer hätte das gedacht, Golfen kann mir gestohlen bleiben, es ist kaum vorstellbar, dass etwas anderes als ein 24 Stunden Lauf durch eine der schönsten Gegenden der Welt, ähnliche Gefühle auslösen kann.

Im Ziel wartete meine Familie und Bekannte. Wäre ich nicht so erschöpft gewesen, ich hätte geweint vor Glück. Ich liess mir den Eiger Stein umhängen, nahm das T-Shirt und trank im Hotel einen Sponser Recovery Drink (Pina Colada, ein Genuss).
 
 

Kurz vor neun sassen meine Frau und ich bereits im Zug Richtung Interlaken. Hätte ich gewusst, dass alle Kategorien auf’s Treppchen gerufen werden, wäre ich geblieben. War ich auf dem Männlichen noch an neunter Stelle in meiner Kategorie, war ich im Ziel dritter geworden.

 

Was gibt es an dem fast perfekten Lauf zu verbessern?

-          Bouillon anschreiben mit Gemüse und Fleisch-Bouillon

-          Pasta nicht mit Sauce mischen

-          Kartoffeln, mindestens in Burglauenen

-          Situativ kulant sein bei Durchgangszeiten, erst beim 2. Zuspätkommen herausnehmen

-          Eiger Song vor dem Start

-          Mehr Info an allen Bahnstationen und Liftanlagen, dass mit Läufern zu rechnen ist


Das sind alles Nebensächlichkeiten, es bleibt ein Abenteuer, das jeder Trailrunner/in mal gemacht haben muss.

Herzlichen Dank an alle Helfer und Helferinnen. Ohne euch ginge gar nichts.
 
Hier der Link zum Video:
 

 

Dienstag, 14. Juni 2016

2016 Biel - Nacht der Nächte und der Krisen

Ich hatte mich sehr gut vorbereitet, mehr Trainingszeiten als im Laufreport Trainingsplan für 11 Stunden. Die Herzprobleme sind seit Innsbruck nur noch einmal aufgetreten und das lag schon einige Wochen zurück.

Ich konnte auch endlich meine Pfunde loswerden, die ich mir an Weihnachten angefuttert hatte. Alle Zeichen standen auf grün, nur das Wetter wollte nicht mitmachen. Seit Wochen warteten wir hier auf ein längeres Hoch.

Eine Woche vor dem Bieler kam der Prospekt vom Transviamala und welche Ehre! Sie hatten uns auf einer Doppelseite abgebildet:

 



Übrigens ein absolut empfehlenswerter Marathon von Ilanz nach Thusis. Früh anmelden, die Startplätze sind begrenzt. Und wer noch nicht genug hat, kann am nächsten Tag den Transviamala anhängen.

Und es kam noch besser. Die Lokalzeitung meldete sich, ich sei letztes Jahr achter geworden in meiner Kategorie. Wie es dieses Jahr aussehe in der neuen Kategorie M60?

Und unter diesem Aspekt brachten Sie einen Bericht über mich mit dem Aufhänger, dass ich unter die ersten drei bei der Schweizer Meisterschaft in meiner Kategorie laufen könnte.
Mein realistisches Ziel war es jedoch, unter 11 Stunden zu laufen.
(Um unter die ersten drei zu kommen, wäre in diesem Jahr eine Zeit von unter 10:20 nötig gewesen. So schnell waren die "Alten" in diesem Jahr.)



 

Hier nachzulesen:
 

Prognose vom Mittwoch vor dem Lauf:

 



 

 

Laut Prognose vom Freitag war der erste Regen erst um 6 Uhr morgens zu erwarten:

 



 

Mit dem Auto ins Büro, dort in die Tiefgarage bis es kracht. Ich hatte vergessen, das Velo vom Träger herunterzunehmen. Zum Glück war nur das Velo beschädigt.

Auf der Website der SBB konnte ich ein Mietvelo reservieren.

Um 13 Uhr fuhr ich nach Biel und um halb drei hatte es Verkehr in Biel, als wäre Arbeitsschluss um 14 Uhr. Stop und go durch die ganze Stadt.

Auf dem Parkplatz Expo Gelände hatte es fast keine Fahrzeuge, niemand stand am Eingang und verlangte Gebühren. Ich parkte bei den Bäumen am Schatten neben einem Wohnmobil.

Dort wurde ich begrüsst von Jean-Pierre, der mit seinem Wohnmobil seit Mittwoch schon dort campierte. Dazu kam Serge, ein Bieler Urgestein, schon 36 Mal am Start.

 


Ich holte das Velo ab nach einer Geduldsprobe am Bieler Bahnhofsschalter und nachdem meine Frau und Tochter mit dem Zug angekommen waren, gingen wir um halb neun an den Start. Die Velofahrer fuhren um halb zehn los bei idealen Bedingungen.

Ich stand weiter vorne ein als in Vorjahren und wünschte meiner Tochter für ihren 56er viel Glück.

Ja und dann ging es los, viel zu schnell, aber wie es so ist, man fühlt sich gut, als könnte man das Tempo 24 Stunden lang durchziehen.


Sobald es hinaufging erst recht anziehen, ja nicht aus dem Trott kommen. Ich ass meine Clif Bar und suchte nach dem Cacao Riegel am ersten Posten. Den gab es dort aber nicht. Also ohne Essen weiter. Am nächsten Posten konnte ich schon nichts mehr essen. Sobald ich etwas zum Mund führte, kam ein Brechreiz.

Der Regen kam schon früh, schon vor Aarberg.

In Lyss traf ich meine Frau und versuchte vom Kohlenhydrat-Getränk. Das ging gar nicht. Es kam gleich hoch. Nach Oberramsern, so um km40, wurde es mir unwohl, ich fühlte mich schlecht und es war mir schwindlig. Ich wechselte die nassen Kleider, musste nun öfters laufen und mich damit abfinden, dass eine Zeit unter 11 Stunden nicht mehr möglich war. Ja, ich zweifelte, dass ich es bis Kirchberg schaffte.


 

Ich legte mich so bei km45 auf den Boden. Viele Läufer fragten meine Frau, ob sie helfen konnten. Die Hilfsbereitschaft war phänomenal. Als mir kalt wurde, stand ich auf und wanderte durch die Nacht. Zwischendurch wieder mal anlaufen, soweit es ging. Meine Frau wollte mir verschiedenes schmackhaft machen, aber nur schon beim Gedanken ans Essen wurde mir übel.

Sonst erhalte ich nach der 50km Tafel immer Auftrieb, die Hälfte ist geschafft. Dieses Mal blieb das aus. Sechs Kilometer, da brauchst du laufend eine Stunde!

 

In Kirchberg ging ich gleich zur Sanität. Eine Ärztin empfahl mir, mich hinzulegen und Bouillon zu trinken. Ich legte mich neben einen Leidensgenossen, er war auch zu Beginn zu schnell unterwegs und hatte ebenfalls Probleme mit dem Essen. Er brachte auch nichts mehr hinunter. Ich rechnete schon mit meinem ersten DNF am Bieler, er wollte aber weiter. Seine Einstellung steckte mich an und in Gerlafingen wartete ja noch Christian. Als die Ärztin sah, dass ich die Bouillon schlürfen konnte, war ich für sie kein Risikopatient mehr. Schwieriger seien die Fälle, wo nichts mehr runtergeht.

 


Meine Frau fuhr unserer Tochter entgegen, die die gleichen Probleme hatte und sich heldenhaft bis nach Kirchberg zum Ziel des Ultramarathons durchkämpfte.

 Nach einer Weile konnte ich Kartoffeln essen, das Schwindelgefühl legte sich und ich verabschiedete mich nach über einer Stunde Zwangspause von der Ärztin. Ich ass noch vom Zitronenkuchen, der eigentlich nur für die Betreuer war, doch der schmeckte einfach allzu gut.

Ich war mir nicht ganz sicher, ob ich wieder umkehren müsste. Das Abenteuer ging vorerst weiter.

Und plötzlich lief es wieder gut und rund. Weit weg vom Anfangstempo (eine Minute langsamer mit 6.00 bis 6.30), aber es ging vorwärts. Ein französisch sprechender Läufer, Barnie Webb, setzte sich an meine Fersen und über eine Stunde liefen wir im gleichen Trott der Emme entlang, nicht anhaltend und nur überholend. Das tat gut. Ich fühlte mich jetzt wieder im Element. Es war hell, kein Regen und das Konzert der Vögel war allein das Startgeld wert.

 


Ich ass kaum mehr was, ein paar Salzstengel dazu literweise Cola. Christian kam jetzt dazu und Barnie musste eine Pause machen.

 

Jetzt konnte ich es geniessen, Christian steckte mich mit seinem Optimismus an. Habe ich mich bei km45 gefragt, wieso ich mir das antue, so wusste ich es jetzt wieder. Es war wunderbar, so in den Morgen zu laufen, Läufer und Läuferinnen anzutreffen, mit ihnen zu plaudern, an Verpflegungsposten zu scherzen, das intensive Grün der Natur zu bestaunen, den Vögeln zuzuhören und das alles auch noch auf Film bannen zu können.

Was für ein Glückspilz ich doch bin!

Mir ging es viel besser als vielen anderen, einige konnten nur noch gehen, andere waren schon fast am verzweifeln. Christian half mit seinem Smartphone aus bei einer jungen Läuferin, die Hilfe brauchte.

 


Küttigkofen kam, Bibern kam, ein „geiler Siech“ wurde ich genannt wegen meiner Videos, über den Hügel runter nach Arch, ich konnte laufen ohne Krämpfe, nichts tat weh, der Magen war leer, aber solange mir nicht schlecht wurde konnte ich laufen, laufen und laufen.

Und wie schön war es erst an der Aare entlang, wenn es nur nicht so lang wäre.

 

Fast 20km lang an der fast überlaufenden Aare. Das zehrte dann irgendwann schon. Und kaum nach Büren goss es aus Kübeln. Innert Minuten war alles nass und meine Regenjacke hatte ich in Kirchberg zurückgelassen.

 

Dabei ging es mir noch gut in meiner Softshell Jacke, andere hatten nur gerade ein T-Shirt an. Die mussten eine andere Heizung besitzen, ich wäre verfroren.

 Da schreie ich in den Himmel: Hah! Ist das alles, mehr nicht.

Zum Glück spielte er nicht mit und schickte keine Blitze und keinen Donner.

Ich kam zum Läufer, der sich das Biel Logo auf die Wade tätowiert hatte, Thomas Steinicke aus Berlin. Was für ein Motiv für meinen Film.

 

Auf den letzten Kilometer, getrieben von meinen Konkurrenten, legte ich noch einen 5.30 Schnitt hin wie zu Beginn und ins Ziel lief ich mit meiner Frau und Christian, die beide einen grossen Beitrag zum erneuten Gelingen geleistet haben. Ohne diese beiden




und ohne Gianni Pirali, der neben mir auf der Pritsche lag in Kirchberg und mich zum weiterlaufen motivieren konnte,

 

hätte ich es nie geschafft. Danke, danke, danke.

Und nächstes Jahr wird es mein zehnter Bieler.

Keine Frage, Biel ist und bleibt ein fester Bestandteil meines Kalenders.

 

Hier mein Video vom Bieler 2016:

https://youtu.be/lv66--ukWPA


P.S.  noch ein Kompliment:
Das erkämpfte T-Shirt ist wunderschön und sehr angenehm zu tragen.

P.P.S Im Netz gefunden unter laufreport.de. Erkenntnisse vor 35 Jahren:

"Die häufig angeführten Magenprobleme sind ein Phänomen, das zum Hundertkilometerlauf gehört wie es bereits Prof. Dr. Klaus Jung im Juni 1981 publizierte. Magendarm- und Gelenkproblematiken zwingen zur Aufgabe, wenngleich Jung erkannte, dass sich die Beschwerden überlagern und nicht eindeutige Gründe liefern. In Biel dürften die Magen-Darmprobleme einhergehen mit dem Lauf durch die Nacht. Ein Hundertkilometerlauf ist ganz ohne Probleme nicht zu erwarten. Diese zu überwinden ist also Teil der Aufgabe."
 


 

 

 

 

 

 

 

 

Dienstag, 17. Mai 2016

2016 Innsbruck Alpine Trailrun Festival


Kurzer Bericht von einem langen Lauf


 

Seit meiner Erkältung und der erhöhten Temperatur von 37 Grad, war nun eine Woche verstrichen, während der ich nur zweimal 50 Minuten sehr locker joggte.

 Ich war früh am Bahnhof in Zürich, wo ich meine Tochter treffen wollte, um den 10.44 Zug nach Innsbruck zu nehmen. Das Sparticket hin und zurück kostete unglaublich günstige CHF 87. Dafür durfte man wirklich nur mit diesem Zug fahren und nichts verschieben.

Ausgerechnet an diesem Tag führte eine Störung in Kempthal zu einem Ausfall aller Züge zwischen Winterthur und Zürich während zwei Stunden. Meine Tochter bemühte sich in Winterthur um ein Taxi, was im Chaos nach den Zugsausfällen nicht einfach war. Sie schaffte es, 5 Minuten vor Abfahrt des Zuges. Mit Kosten von CHF 150!! Die aber von der SBB zurückerstattet werden.

Die Wetterausichten hatten sich von katastrophal auf phänomenal verbessert. Die Sonne schien in Innsbruck am Freitag und das war auch für den Samstag prognostiziert.

Wir trafen im Bus vom Hotel in die Innenstadt die Schreiber von trailrunning.de, holten mit ihnen die Nummer ab
 
 
 
und suchten einen Italiener auf, wo wir pflichtbewusst unsere Pasta bestellten, dazu ein Clausthaler. Trotz zwei Rosinenbrötchen, die ich in der Innenstadt gekauft hatte, ass ich brav den reichlich gefüllten Teller auf. Es war richtig schön, mit anderen Trailrunnern zusammenzusitzen, Geschichten anzuhören und sich den Bauch vollzuschlagen.
 
 

 

Wir kamen frühzeitig zurück ins Hotel, packten unseren Rucksack und legten uns schlafen. Kaum lag ich auf dem Bett, fing es in meinem Brustkorb zu trommeln an. Mein Herz schlug in unregelmässigem Rhythmus, wie ich es bisher nicht gekannt habe.

 

Vor sieben Jahren hatte ich das erste Mal Herzrhytmusstörungen. Nach dem Jungfrau Marathon gönnte ich mir keine Ruhe, es war so herrliches Wetter, das ich biken und joggen ging. Es wurde immer schlimmer, ein paar Tage später war ich im Notfall, wo man einen Herzinfarkt ausschloss und von ungefährlichen Herz-Stolperer sprach.

 

Unangenehm waren sie trotzdem. Die nächsten Jahre begann ich damit zu leben und seit zweieinhalb Jahren bin ich auf wenige Ausnahmen, wo es nur schwach auftrat, beschwerdefrei.

 

Und jetzt plötzlich in einer Heftigkeit, die ich nicht kannte, ein paar Stunden vor dem Lauf. Ich lag zwei, drei Stunden wach und konnte meine Gedanken nicht kontrollieren, Bilder schossen mir durch den Kopf, als wäre ich auf Drogen.

 

Irgendwann schlief ich ein, für eine Stunde etwa und fühlte mich danach besser.

 

Da begann die Leidenszeit meiner Tochter, die etwas ass, dies aber vor lauter Nervösität wieder hergeben musste.

 

Wir beruhigten uns beide und nahmen ein Taxi zum Start. Die frische Luft tat gut.
 
Um vier Uhr starteten wir und waren bald mit Patrick, einem Innsbrucker, an letzter Stelle. Es waren auch überraschend wenig Läufer angetreten. Nur 66 sollten klassiert werden.

 

Bei mir meldete sich das Herz wieder. Das war neu. Bisher hatte ich nur Stolperer in Ruhephasen.

 

Die Laufstrecke war sensationell. Schnell waren wir aus der Stadt heraus und schon bald auf herrlichsten Trails. Wir liefen mit Patrick, bis auch dieser für uns zu schnell wurde.

Die Veranstalter hatten nicht zuviel versprochen, fast nur Trails. Die lieben wir, die machen aber das Vorwärtskommen entsprechend schwierig.

 

Beim Posten 3 waren wir in der Zeit, mussten aber beide für 5 Minuten auf den Boden sitzen. Beide fühlten wir uns nicht wohl. Sie mit Magen-, ich mit Herzproblemen.

 

Nach 17 Kilometer und drei Stunden war für mich Schluss, das Herz hatte sich nicht beruhigt und ich wollte nicht einen Herzschaden riskieren. Vielleicht war es zu früh nach dem Fieber, vielleicht hatten die Ibuprofen Tabletten Schaden angerichtet.

 
Meine Tochter wollte alleine weiterziehen, mir kamen fast die Tränen vor Stolz und Freude. Weil ich mir auch Sorgen machte, es warteten noch Schneefelder auf sie, war die Freude nicht ungetrübt.

 
Ich nahm den Bus zurück nach Innsbruck, meldete mich beim Rennleiter und erkundigte mich nach einem Arzt. Den gab es nicht, eine Sanitäterin bot mir einen Stuhl an, nahm meinen Puls, spürte die Rumpler, hatte aber kein Blutdruckgerät dabei. Alternative war ein Rettungswagen, das wollte ich aber nicht.

Ich nahm ein Taxi zurück ins Hotel, duschte, legte mich aufs Bett und der Herzschlag beruhigte sich wieder.

 Am Nachmittag fühlte ich mich wieder viel besser und lief nach einem Rundgang durch die malerische Stadt meiner Tochter vom Bretterkeller Richtung Unterberg entgegen, wo ich sie mit Patrick beim Kaiserjägermuseum antraf.

Sie hatte die gefürchteten Schneefelder dank den Leuten von der Bergrettung überqueren können, lief in Birgitz durch, auf der Mutterer Alm, in Telfes und Unterberg.

 
In Bretterkeller beendete sie das Rennen zusammen mit Patrick. Nach 52 Kilometer und 2700 Höhenmetern. Beide waren noch in der Zeit und der Rest wäre vermutlich eine Formsache geworden. Doch es war genug.

 Jetzt war es ein Vorteil, dass das empfohlene Hotel Ramada am anderen Ende der Stadt war, vom Bretterkeller dorthin waren es nur wenige Minuten.

 

Wir liefen in die Stadt und gingen nach dem Nachtessen früh zu Bett. Nicht unzufrieden und um einige Erfahrungen, Begegnungen und ein Abenteuer in Oesterreich reicher.

 



Hier mein Filmbericht:

https://youtu.be/z-2qTlp42a4

 

 Update 1:

Mein Kardiologe will ein Untersuchung mit Ultraschall und EKG durchführen, er vermutet ein intermittierendes Vorhofflimmern, das noch häufig sei bei Ausdauersportler. Eine Google Suche führt zu mehr Infos, zum Teil beruhigend, zum Teil auch weniger.

 

 Update 2: 

Noch vor der Untersuchung kam das Flimmern während eines Trainingslauf nach zwei Stunden wieder. Leider verpasste ich es, möglichst bald in einem Spital ein EKG machen zu lassen.

  Update 3: 

Die umfangreiche Untersuchung ergab beim Ultraschall nichts auffälliges, vor allem habe ich kein vergrössertes Sportlerherz. Grösser ist nicht gleich besser. Das ist daher schon mal gut.

 
Beim Belastungs EKG ging die Watt Zahl bis 300 hoch und war für die Betreuer langweilig, da nichts besonderes geschah. Blutdruck blieb auch im Bereich des Normalen.

 
Das 24 Stunden EKG wird zur Zeit ausgewertet, aber wie es so ist, ausser Herz-Stolperer fand nichts aussergewöhnliches statt.

 Update 4: 

Beim nächsten Vorfall muss ich möglich schnell ein EKG erstellen lassen, eine korrekte Diagnose ist erst danach möglich.